Hüftgelenksdysplasie - alle nur überzüchtet?!

 

"Mischlinge sind viel gesünder, die sind nicht so überzüchtet!" hört man häufig aus den  Mündern vieler Hundehalter und -Liebhaber, ein Satz den Züchter und Rassehundhalter nicht hören wollen und können. Tatsächlich ist es auch nicht wahr, das Gegenteil ist der Fall wenn ein Hund wirklich aus einer Seriösen Zucht stammt. Ich selbst fragte mich aber schon häufiger wie es sein kann das in einem Wurf mit HD freien Elterntieren und seit Generationen untersuchten und aussortierten Verwandten Welpen mit C- oder D-Hüfte (leichte bis mittlere HD) auf die Welt kommen?

Bei Wikipedia findet sich zum Thema Hüftgelenksdysplasie beim Hund folgendes:

"Die Hüftdysplasie oder Hüftgelenksdysplasie (HD) ist eine Fehlentwicklung des Hüftgelenks. Betroffen sind sämtliche Hunderassen, wobei großwüchsige Rassen das Krankheitsbild besonders häufig ausbilden. Erstmals diagnostiziert wurde sie am Deutschen Schäferhund und wird daher fälschlicherweise hauptsächlich mit dieser Rasse in Verbindung gebracht, obwohl mittlerweile andere Rassen stärker betroffen sind. Die Häufigkeit des Vorkommens (Prävalenz) beträgt je nach Rasse vier bis etwa 50 Prozent"

Und weiter:

"Die HD ist zu großen Teilen genetisch bedingt (die Heritabilität liegt zwischen 20 und 40 Prozent), weshalb viele Zuchtverbände die HD-Freiheit zur Zuchtzulassung fordern. Da falsche Ernährung und Haltung die Entstehung und das Fortschreiten der Krankheit begünstigen können, handelt es sich um ein multifaktorielles (von vielen Faktoren abhängiges) Geschehen."

Hingegen der altbekannten Meinung "Die sind alle überzüchtet" sind also nur ca. 30% einer HD erblich ergründet, bei HD-freien Elterntieren sollte jedoch kein negativer Einfluss aus genetischer Sicht bestehen. Wo aber kommt die Hüftdysplasie dann her? Hier ein Zitat einer österreichischen Tierärztin:

(Dr. med. vet. Jutta Ziegler; aus dem Buch "Hunde würden länger leben wenn...", Seite57)

[...]Aber beginnen wir von Anfang an: Erkrankungen der Gelenke wie HD, ED und OCD sind Entwicklungsstörungen in der Ausbildung der großen Gelenke und sollen laut Zuchtverbänden und Tierärzten fast ausschließlich erblich bedingt sein. [...]Wie aber lässt es sich erklären, dass die seit Jahrzehnten getätigten züchterischen Maßnahmen anscheinend völlig ins Leere laufen?" weiter schreibt sie: "[...] Sonderbar ist auch, dass in Ländern, in denen zwar auf HD untersucht wird, die Erkrankung jedoch nicht zum Zuchtausschluss führt [...] die Anzahl der erkrankten Hunde aber gleich hoch ist wie in Deutschland und Österreich, wo streng aussortiert wird. Nur in wenigen Ländern führt festgestellte HD zum Zuchtausschluss. [...] In England, Frankreich und auch in den USA geht man etwas kritischer heran und hinterfragt die Erblichkeit der HD. Auf jeden Fall spielen dort nach Meinung der Fachleute für die Entstehung dieser Erkrankung nicht nur erbliche Faktoren eine Rolle."

Eine HD ist also nicht allein erblich bedingt. Weitere Faktoren sind die Haltung bzw. die körperliche Aktivität (z. B. Sport), man liest und hört ja auch häufig die Empfehlung Welpen nicht Treppen laufen zu lassen und in den ersten Lebensjahren keinen Hundesport zu betreiben. Zum größten Teil ist eine HD (aber auch OCD und ED) allerdings Ernährungsbedingt, was auch den Anstieg der erkrankten Hunde, trotz züchterischer Selektion, in den letzten 40-50 Jahren erklärt. Wieder möchte ich Jutta Ziegler zitieren: ("Hunde würden länger leben wenn...", Seite 58)

"[...] Hier stellt sich sehr wohl die Frage, warum diese Erkrankungen weiterhin zu- und nicht abnehmen, wird doch der Hund heutzutage mit auf allen Bedürfnissen abgestimmten Fertigfuttermitteln ernährt."

Wie auch in diesem Buch weiter ausgeführt wird, liegt das Problem bei der Zusammensetzung der Futtermittel. Wenn im Handel erhältliches Fertigfutter so optimal ist, warum braucht man dann spezielles Futter für jedes Alter, die Körpergröße bzw. das Gewicht oder sogar für jede bestimmte Rasse. Auch Wölfe sind sehr groß und schwer, dennoch fressen junge Wölfe im Wachstum kein anderes, spezielles Beutetier als ihre Eltern oder gar Großeltern. Gelenksprobleme im Alter sind bei diesen Wildtieren fast ausschließlich Abnutzungserscheinungen. Und dagegen sagt ja keiner was.

Problematisch ist auch die Zusammensetzung und die Nährstoffe dieser speziellen Welpenfuttermittel. Inzwischen ist es bekannt (und auch logisch) das Hunde mit einem hohen Anteil Protein im Futter rasch zunehmen, Welpen wachsen hingegen kaum in die Breite und setzen vieles in Wachstumsenergie um d.h. sie wachsen zu schnell und die Knochen haben keine Zeit genug an Calcium einzulagern, sie werden weich und verformen sich beim zu hohen Gewicht des Körpers leicht. Gerade große Hunde fallen dann oft durch einen wackeligen Gang auf. Tierfutterhersteller versuchen durch eine reduzierte Menge tierischer Eiweiße dagegen zu reagieren, in teureren Futtermitteln die häufig auch beim Tierarzt erhältlich sind werden teilweise sogar wachstumshemmende Zusätze beigemischt. Wenn wie meist empfohlen die trächtige Hündin schon mit sog. Welpenfutter gefüttert wird fallen in den Würfen oft deutlich kleinere Welpen als bei natürlich oder mit hochwertigem Futter gefütterten Hündinnen. In unseren A-C Würfen hatten die Welpen über 100g weniger Gewicht und waren deutlich kleiner als im D-Wurf als unsere Hunde bereits mit Rohfutter ernährt wurden. Natürlich benötigt ein Hund als Carnivore weder hohe Mengen an minderwertigen pflanzlichen Inhaltsstoffen (Getreide, Zuckerrüben, Mais) noch Wachstumshemmer.

Noch problematischer wird es jedoch mit den Nahrungszusätzen für Vitamine und Mineralstoffe. Für die korrekte Aufnahme von Calcium und Phosphor ist ein passendes Ca- Ph-Verhältnis von nöten, ansonsten muss der Körper jenes selbst herstellen und nimmt nur geringere Mengen als den empfohlenen Tagesbedarf auf, auch die Verwertbarkeit der Mineralstoffzusätze spielt eine große Rolle, natürliche Calciumpräperate wie z. B. Knochenmehl oder Eierschale sind sehr gut verwertbar und werden fast vollständig vom Körper aufgenommen, synthetische Produkte haben nur eine biologische Wertigkeit von 20-70%. Auch die Vitamin D Menge spielt eine große Rolle, denn ohne Vitamin D ist die aufnahme von Calcium nur vermindert möglich. Auch hier ein Zitat von Jutta Ziegler:

("Hunde würden länger leben wenn..."; Seite 60)

"Der nächste Punkt betrifft das Vitamin D. Vitamin D reguliert den Calcium-Phosphor-Stoffwechsel und ist für die Resorption [...] des Calcium und des Phosphors aus dem Darm zuständig. Das NRC  (Natural Research Council) beispielsweise empfiehlt pro kg/Futter 404 IE, Meiyer und Zentek stattdessen 350-1000 IE pro kg/Futter. In Fertigfuttermitteln für Hunde werden allerdings bis zu 1500 IE pro kg/Futter zugesetzt. [...] Zuviel Vitamin D bewirkt jedoch Hypercalcämie (zu viel Calcium im Blut). Der Organismus reagiert auf die Hypercalcämie mit Bildung von zu viel Calcotin. Dieses Hormon verhindert den normalen Ab- und Umbau von Knochensubstanz. Die Fähigkeit des Skeletts, auf wechselnde Beanspruchungen während des Wachstums zu reagieren, wird so stark beinträchtigt."

Außerdem ist Vitamin D ein fettlösliches Vitamin, d.h. es wird im Körper gespeichert. Eine dauerhafte Überversorgung (und bei Fertigfutter ist das nunmal täglich) führt dazu das andere Vitamine nicht mehr verwertet werden können. So entsteht eine dauerhafte Über- bzw. Unterversorgung der einzelnen Vitamine und Mineralstoffe. Dies provoziert Krankheiten und ist gerade im Wachstum fatal.

Auch Vitamin A, ebenfalls fettlöslich, wird meist in viel zu großen Mengen ins Futter gemischt. Ein Vitamin A-Überschuss führt zu Verformungen der Gelenke und zu einer sprichwörtlichen Verkrüppelung durch zu wenig Knorpelmasse.

Fertigfutter, vor allem minderwertiges und nicht ausgewogenes, provoziert also Gelenkskrankheiten richtig.

Das Hauptaugenmerk bei der Aufzucht von Junghunden sollte also auf die gesunde Ernährung gerichtet werden.

 

Maximiliane Hutterer

Quellen:

Dr. med. vet. Jutta Ziegler "Hunde würden länger leben wenn... Schwarzbuch Tierarzt"

http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%BCftdysplasie_des_Hundes